BerthavonSuttner

Der Dithmarscher Pastor und Schriftsteller Gustav Frenssen (1863-1945), feierte im Kaiserreich als Vertreter der „Heimatkunst“ literarische Erfolge („Jörn Uhl“ (1901)) und zählte 1912 zu den aussichtsreichsten Kandidaten für den Literaturnobelpreis. Schon früh sind in seinen Aufzeichnungen jedoch radikale Ideen der Eugenik und Euthanasie festzustellen, die er ab Mitte der 1920er Jahre öffentlich kundtat („Möwen und Mäuse“ (1927)). Im Nationalsozialismus als „Vorkämpfer“ gefeiert biederte sich Frenssen den Machthabern an, vergötterte Adolf Hitler und rechtfertigte Krieg und Massenmorde. Im März und April 2014 beschlossen die Städte Heide und Brunsbüttel die Umbenennung der nach Gustav Frenssen benannten Straßen. Dieser Blog dokumentiert und kommentiert Frenssens menschenverachtendes Gedankengut und die öffentliche Diskussion über seine Person.

(Bild rechts: Gustav Frenssen - Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-S42619 über wikipedia.de)

Donnerstag, 11. April 2013

G. Frenssen: "Der Glaube der Nordmark" (1936)

"Der Glaube der Nordmark" von 1936 ist im Gesamtwerk Frenssens, nach der Auflage betrachtet, seine dritt-erfolgreichste Schrift (mind. 350.000 Exemplare). Mit ihr schloss er, breit öffentlich erkennbar endgültig seinen Übergang zum Nationalsozialistischen Regime ab und trat in baldiger Folge auch formal-endgültig aus der Evangelischen Kirche aus (1938). Als Synthese der bekanntesten Schriften der "Deutschen Glaubenbewegung", u. a. Alfred Rosenbergs antisemitisch-rassistisches Machwerk "Mythus des zwanzigsten Jahrhunderts", ist der "Glaube der Nordmark" eine Kampfschrift gegen das evangelische Christentum, das Frenssen mit antisemitisch-fremdenfeindlichen Affekten als "widerdeutsch" stigmatisiert. Frenssen deutet zudem die Auflösung christlicher Moralvorstellungen im Bereich der Ethik an, die er in der "Lebenskunde" weiter und fatal zu einer Lehre vom Massenmord an allem "Kranken" ausführt.


Auszüge (aus: 12. Auflage (56.-60. Tausend), Georg Truckenmüller Verlag, Stuttgart).
(Kommentierung folgt.)

S. 43f.:
"Zu der Zeit und in diesem Gemütszustand, im Zustand seelischer Niedergangs-, ja Untergangsstimmung, suchten viele in der Bibel, suchten und suchten, was ihr angeborenes, finsteres und hartes, ihr russisch, ihr undeutsch gewordenes Gemüt zu finden begehrte, und fanden es denn auch: all die finsteren Worte im Alten Testament und die finsteren, ja bösen Worte eines gewissen Teppichmachers Paulus in Vorderasien, der genial, epileptisch, seelisch halb irr, jüdisch orientalisch, mit eine Wust halber, unwahrer Bildung überladen, von einer künstlich grausamen Glaubenskonstruktion besessen, die wirklichem ihm unbekannte Gestalt des Galiläers Jesus nach seinem Sinn umgedeutet hatte. [...] Ein elender Glaube! Ein gotteslästerlicher Glaube! Denn es verunehrt das menschliche Geschlecht, das Gott geschaffen hat! Und undeutsch! Widerdeutsch! [...] Gegen alles, was germanisch ist!"

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S. 45f.:
"Und, um das Maß voll zu machen: da tritt in diesen unsern Tagen in Deutschland eine neue Art von Religion auf - jawohl, eine neue Art von Gottgläubigkeit, von Frömmigkeit -, kommt durch einen glühenden Menschen [= Hitler] zu Kraft und Macht, gewinnt in fünfzehn Jahren [= 1921-1936] mehr als dreiviertel des großen Volkes, und schafft, zur Macht gekommen, aus dieser seiner Art Frömmigkeit heraus, für körperliche Gesundheit und Sauberkeit, für wahrhafte Erziehung und Bildung, für frühe Ehen, für Schönheit und edle Freude, für brüderliche Gerechtigkeit, und mit all diesem für Ehre und Mut, kurz für das, was unserm deutschen Gefühl heilig ist, in vier Jahren [1933-1936] mehr, als die katholische Kirche und ihr Glaube in vierzehnhundert Jahren, und die protestantische in vierhundert Jahren.
Und so, da dies alles vor Augen stand und steht, fühlt die Masse der Menschen immer deutlicher, daß jenes unsägliche Weltwunder, jene ungeheure Schöpfungsbegebenheit von Bethlehem und Golgatha, nicht die Wahrheit sei, und wendet sich vom christlichen Glauben ab."

S. 74ff.:
"Was ist es im Grunde und überhaupt mit diesem christlichen Glauben und der deutschen Seele? [...] Sie hat immer und immer, all die Jahrhunderte hindurch, das Gefühl gehabt, daß der christliche Kirchenglaube etwas in sich habe, das nicht für sie passe. [...] Aus diesem Gefühl heraus hat sie immer wieder versucht, nach ihrer deutschen, ernsten, gründlichen und grübelnden Weise, ihn der deutschen Natur gemäßer, ihn germanischer zu machen. [...] Im Leben Jesu (in "Hilligenlei") habe ich den Heiland als einen Menschen dargestellt, der, einem Germanen gleich, für eine rein geistige, feurige Idee streitet und stirbt. [...] Als das deutsche Volk dann, von der Hitler-Bewegung tief erregt, von dem großen, urdeutschen Gedanken tief ergriffen, wieder Mut gewann, traten die "Deutschen Christen" auf und wiederholten noch einmal diese uralten Versuche. Sie wollten den christlichen Glauben, indem sie ihn vom Jüdischen frei machten, dem deutschen Gemüt erträglich machen. Es ist allen bekannt, wie dieser Versuch zusammengebrochen ist."

S. 108:
"Der christliche Glaube sagt: "Ich komme von weither, aus dem Lande Israel, über Jesus von Nazareth, Hunderte von Lager- und Herdfeuererzählungen, Paulus, Papst, Luther." Und er ist um deswillen eifersüchtig und absprechend gegen das Hiergewachsene, das Heimgewachsene, Völkische.[...] Ist da etwas Großes und Heiliges in der Welt, so muß es doch aus der Fremde kommen, aus einem fernen Fabelland, einem Wunderland, einen weiten Weg![...] Der Glaube der Nordmark sagt: [...] Unser Glaube muß heimisch sein, blutgeboren und vom Blut immer neu gezeugt bis auf diesen Tag, germanisch deutsch geboren."
S. 109:
"Der christliche Glaube sagt: Jedes deutsche Kind muß an dem jüdischen Glaubensgut und an den jüdischen Helden und Patriarchen, von Abraham bis Johannes, seinen Glauben erleben und bilden. Der Glaube der Nordmark sagt: Jedes deutsche Kind muß an deutschem Glaubensgut und an deutschen Helden und Patriarchen, von Hermann dem Cherusker bis zu Goethe, Hindenburg und Hitler seinen Glauben erleben und bilden."

S. 116f.:
"Der christliche Glaube sagt: Heilig, Heilig ist dies und das! Und die bürgerliche Gesellschaft, die der christliche Glaube geschaffen hat, sagt dasselbe. [...] Der Glaube der Nordmark sagt: Heilig sind die Gesetze des Lebens. Mehr nicht: die Gesetze des Lebens! Und die Menschheit kennt sie. Die sie wohnen in unserer Brust und stehn auf Erden und im Himmel aufgeschrieben. (Aber die Menschheit und unser Volk ehrt sie nicht. Noch nicht. Und dreiviertel alles menschlichen Elends kommt von dieser einen Sünde.) [...] Der christliche Glaube von dem lebenden und sterbenden Welterlöser neigt dazu, die Pflege der Armen und Elenden in den Vordergrund zu stellen. Der Glaube der Nordmark, der Glaube an den Gott des sinnlich-seelische Lebens und seiner harten Gesetze, neigt dazu, die Pflege alles Gesunden bei weitem voranzustellen."

S. 119f.:
"Woher war der christ-evangelische Glaube? In Tarsus gebürtig, über Jerusalem, Alexandrien, Rom, nach den rätselvollen Wegen und Willen des Alls, auf Gottes Wunderwegen, nach Germanien verschlagen. Was sollte ich mit dem fremden, überklugen, verkünstelten, versteckten, grausamen Glaubensgebilde?"

S. 132:
"Die neue Bewegung plante keineswegs Feindschaft gegen de christlichen Glauben. [...] Aber indem diese Bewegung, anders als die bisherige, ihr Wesen aus der tiefsten germanischen Natur schöpfte, da sie auf das Blut zurückgriff, den Urgrund jedes Menschen- und jedes Volksseins, [...] bewirkte sie, ohne es zu wollen, daß die deutschen Menschen [...] neu zu fragen begannen, welcher Glaube denn wohl zutiefst im germanischen Blut läge."

S. 134f.:
"So wie diese politische Bewegung eine echt deutsche war, aus den Urgründen der deutschen Seele, gedachten diese Leute, aus den im Judentum beheimateten christlichen Glauben das Gutgläubige, Tätige, Mutige, Frische, Gütige, das auch darin ist, hervorzureißen, ein positives Christentum aufzustellen. Sie wollten das Christentum deutsch, nationalsozialistisch machen. Darum nannten sie sich "Deutsche Christen". Zu gleicher Zeit versuchten andere dasselbe, indem sie das alte jüdische Testament fallen ließen und, statt seiner, altes deutsches Glaubensgut setzten. [...] Sie nannten sich "Deutsche Kirche". [...] Aber beide Bestrebungen mißlangen. [...] Am meisten dadurch, weil das Wesen, der Kern des christlichen Glaubens, jeder Verdeutschung widerstrebt."

S. 135f.:
"Die "Deutschen Christen" hatten auch nicht mit den Kirchengläubigen gerechnet. [...] Dies Kirchenvolk ist in der Nordmark sehr klein, vielleicht noch drei vom Hundert. [...] Dazu kamen endlich auch die, welche, enge und zum Teil böse Menschen, von Natur Stänker, die politische Einigkeit des Volkes nicht ertragen. Alle diese taten sich zusammen und bildeten die "Bekenntnisfront", die "Bekenntniskirche". [...]
Da steht er, von nun an unverändert, unveränderlich! Dieser Glaube an den Welterlöser mit all seinen kleinen, meist unnützen Wundern in den Dörfern des fernen, kleinen jüdischen Landes."

S. 137:
"Unterdessen wird das große Volk der Nordmark, all diese Scharen würdiger Arbeiter, all diese Massen ernster Männer und Frauen [...] werden mit der Welt gehn, mit dem Wandel der Welt [...] zu dem neuen Glauben übergehn. [...] Sie gehören ihm in ungeheurer Mehrzahl an. Von jeher. Von Blut und Boden, Vorfahren und Eltern wegen. Und hunderttausend haben ihre Seelen schon abgestäubt und frisch gemacht, sind sich schon bewußt, daß sie nicht mehr Christen sind.
Und viele ernste und kluge Federn sind im Gange und treiben die Bewegung weiter.
Ich will nur wenig mit Namen nennen. [...] Alfred Rosenberg hat in seinem "Mythus des zwanzigsten Jahrhunderts", von einer mächtigen Allgemeinschau aus, die seit langem selten gewesen ist, die Bedenken und Forderungen germanischen Blutes und germanischer Seele nachgewiesen. In dem Buch "Deutscher Gottglaube" und andern Büchern und in ihrer Zeitschrift "Im heiligen Quell deutscher Kraft" kämpfen Erich und Mathilde Ludendorff mit dem redlichsten und heißesten Willen für einen neuen deutschen Glauben. [...] [Wilhelm Hauers "Deutsche Gottesschau" und die u.a. von ihm herausgegebene Zeitschrift "Deutscher Glaube"] berichten aufs beste und redlichste über die ganze deutsche Glaubensbewegung. Der nun auch diese Schrift dienen will."

S. 141:
"Viele, von stärkerer Natur und von röterem deutschen Blut, ihren Nordmarksbrüdern gefühlsmäßig enger verbunden als den Männern von Jerusalem, Tarsus und Rom, haben schon lange, unter indischer, jüdischer, hellenischer oder römischer Spruchstelle und Überschrift, aus dem Bibelbuche genommen, germanischen Glauben gepredigt. Diesen wird es möglich sein, sich von all dem Fremden noch mehr zu befreien und den rein eignen, wirklichen Glauben der Nordmark zu verkünden."

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