Straßenumbenennungen in Heide seit 1910 - über Sinn und Unsinn.
Der gedruckte Stadtplan
mit seinen meist geraden Linien verbreitet eine Illusion von
Kontinuität. Die meisten älteren Heider werden sich aber noch gut
daran erinnern können, welche enormen baulichen Veränderungen durch
die Straßendurchbrüche zum Markt und die veränderte
Verkehrsführung über die neugeschaffen Verläufe der Marsch- und Bahnhofsstraße ab Ende der 1950 vorgenommen wurden.
Es blieb nicht beim
Abriss zahlreicher historischer Gebäude (u.a. des alten Rathauses). Einige der wichtigsten und
zudem längsten Straße bekamen in den Jahren 1955 bis 1957 neue
Namen. Die heutige Husumer Straße hieß Schützenstraße, die
Hamburger Straße war einst der Landweg und die heutige Büsumer Straße
war bis 1956 die ursprüngliche Marschstraße, deren Name etwas
weiter nördlich für städtische Fortsetzung der Bundesstraße 203 neu vergeben wurde. Im
Osten der Stadt wurde zudem aus mehreren Straßen oder Straßenteilstücken
die Berliner Straße neu geschaffen.
Das große
verkehrsbauliche Modernisierungsprogramm ging also mit der
Umbenennung zahlreicher Straßen einher, die Namen nach nah- und
fern-gelegenen Städten in der jeweiligen Himmelsrichtung erhielten. Dass hunderte Haushalte sich mit der wohl
größten einheitlich betriebenen Namensveränderung in Heides
Geschichte an neue Namen gewöhnen mußten, lag die Idee zugrunde, daß die Hauptstraßen einer nach dem Krieg sich auf über
20.000 Einwohner verdoppelten Kreisstadt nicht
"Landweg" oder "Schützenstraße" heißen
könnten - es ging hier in besonderem Maße um Ästhetik und Übersichtlichkeit im Stadtbild.
Nur einige Jahre zuvor, im Mai 1945, ging es um etwas anderes: Die britische Besetzungbehörden beseitigten in Heide, wie in allen deutschen Städten, die offensichtlichsten Spuren der Nazi-Zeit: Die heutige Bürgermeister-Blaas-Straße etwa, benannt nach dem ersten Bürgermeister der Stadt Heide, August Blaas, war als neu-geschaffene Straße in den 1930er Jahren nach der NS-Ikone
Horst Wessel benannt worden.
Auch später wurden immer wieder einzelne Veränderungen an bestehende Straßen vorgenommen: Entweder um Heider Persönlichkeiten zu Ehren (Gasstraße -> Hinrich-Schmidt-Straße (1960er Jahre)), sich den übriggebliebenen Irrtümern der Geschichte zu stellen (
Adolf-Bartels-Straße ->
Bürgermeister-Vehrs-Straße (1965)), oder um wiederum veränderte städtebauliche Verhältnissen abzubilden (Ibsen-Peters-Straße -> Poststraße (ca. 1973)).
Fazit:
Was rechtfertigt eine Umbenennung bestehender Straßen? Im Mai 1945 war es die "politische Notlage", 1955 bis 1957 waren es ästhetisch-stadtplanerische Aspekte. Würde man beides miteinander vergleichen, würde man wohl zu dem Schluss kommen, dass bei der Umbenennung der Horst-Wessel-Straße (1945) oder der Adolf-Bartels-Straße (1965) gewichtigere Gründe vorlagen, als bei der Umbenennung der Schützenstraße oder des Freudenthal (1952, heute Teil der Norderstraße). Das sollte man auch bei Gustav Frenssen bedenken.
Übersichtskarte
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